Ratifizierungsgesetz CETA

Persönliche Erklärung

nach § 31 der Geschäftsordnung zum Ratifizierungsgesetz des Gesetzes zu dem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits vom 30. Oktober 2016

Gemeinsam mit einigen Hundertausenden haben wir im September 2016 gegen die Transatlantischen Handelsabkommen TTIPP und CETA demonstriert. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN im November 2016 in Münster haben wir mit dem Beschluss: „Neustart für den fairen Handel – CETA-Vertrag nicht zustimmen“ einen wegweisenden Grundlagenbeschluss zur Ausrichtung verantwortungsvoller Handelspolitik gefasst und uns klar gegen CETA positioniert. Die Hauptgründe waren Befürchtungen, dass Einzelinteressen von Industriezweigen über demokratischen Entscheidungen der Länder gestellt werden, drohende Handelserleichterungen u.a. für genmanipulierte Nahrungsmittel und nachteilige Auswirkungen auf die Landwirtschaft und Ökologie.

Größter Kritikpunkte waren die privaten Schiedsgerichte: Konzerne sollten Sonderklagerechte gegen Staaten erhalten, die vor privaten Schiedsgerichten entschieden worden wären. Dabei wäre jeweils ein Richter von dem klagenden Konzern, einer von dem beklagten Staat gestellt worden, diese beiden hätten dann gemeinsam einen dritten Richter benannt.

Diese Form der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit wurde bereits im CETA-Kerntext formalisiert und beschränkt: nun werden die Richter von den beteiligten Vertragspartnern (EU; Kanada) also staatlich gestellt. Damit sind die Gerichte unabhängiger. Das ist besser, aber auch noch nicht perfekt. Nach wie vor streben wir Grüne einen multilateralen Handelsgerichtshof an, das ist auch als gemeinsames Ziel in der handelspolitischen Agenda der Bundesregierung verankert.

In den Koalitionsverhandlungen habe ich selber miterlebt, wie wichtig die CETA-Ratifizierung der FDP und den Verhandlern der SPD waren, hier wurde enormer Druck aufgebaut, die Entscheidung aber verschoben bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Klagen wurden am 15. März 2022 als unbegründet, bzw. vorläufig unzulässig erklärt. Hinzu kamen der Krieg gegen die Ukraine und zunehmender Druck der Koalitionspartner, CDU und Teilen der Wirtschaft.

Nach zähen Verhandlungen haben wir nun ein handelspolitisches Gesamtpaket vorliegen, das im Wesentlichen aus folgenden Punkten besteht:

  • Eine verbindliche Erklärung des gemeinsamen CETA-Ausschuss (bestehend aus EU und Kanada), die den Rahmen für Investorenklagen auf direkte Enteignung und Inländer-Gleichbehandlung gleichsetzt. Zugleich werden staatliche Maßnahmen hinsichtlich des 1,5° Ziels ausdrücklich geschützt.
  • Nach Inkrafttreten wird die sogenannte Review-Klausel aufgerufen, um weitergehende Nachhaltigkeitskapitel zu verhandeln.
  • Zeitgleich mit der Ratifikation von CETA wird der Austritt aus dem ECT beschlossen. Der ECT war beispielsweise Grundlage für die Klagen gegen den deutschen Atomausstieg und den niederländischen Kohleausstieg. Ein ganz wichtiger Schritt für den internationalen Klimaschutz.
  • Für zukünftige Handelsabkommen werden Nachhaltigkeitskapitel verbindlich, im Falle von Chile und Mexiko über die Review-Klausel, angegangen. Für Mercosur haben wir effiziente Waldschutzabkommen als Voraussetzung festgehalten. Ein wichtiges Vehikel für den Schutz des Amazonas und damit zentral für den Klimaschutz.
  • In allen Investitionsschutzabkommen soll das staatliche Regulierungsrecht „right to regulate“ gestärkt werden und Investitionsabkommen sich auf den Schutz vor „direkter Enteignung“ und auf „Inländergleichbehandlung“ konzentrieren.

Auch wenn die CETA-Ratifizierung schmerzt, haben wir substantielle Verbesserungen erreicht, für Mercosur den Waldschutz und für weitere Abkommen Nachhaltigkeits- und Klimaschutz-Ziele verankert. Zudem werden wir in einer sich ändernden Weltordnung unserer internationalen Verantwortung gerecht und stärken verlässliche und nachhaltige Handelsbeziehungen und Lieferketten mit demokratischen, befreundeten Staaten. Daher werde ich dem vorgelegten Gesetzentwurf mit dem eingearbeiteten Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zustimmen.

Niklas Wagener